Neuer Leitfaden zu „Gewalt und Gewaltprävention im Krankenhaus“

© KGNW
Viele Mitarbeitende in einem Krankenhaus haben schon einmal Gewalt und/oder Aggression gegen sich durch Patientinnen oder Patienten beziehungsweise durch deren Begleitung erlebt. 94 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Notaufnahmen berichten von verbalen, 70 Prozent von körperlichen Angriffen gegen sich. Das zeigt eine gemeinsame Studie des „Competenzzentrums Epidemiologie und Versorgungsforschung bei Pflegeberufen (CVcare)“, des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) sowie der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) über „Belastungen durch Aggression und Gewalt gegenüber Beschäftigten der Pflege- und Betreuungsbranche in Deutschland“ auf. Das Spektrum der darin beschriebenen Übergriffe reicht von Beschimpfen und Bedrohungen über Kneifen und Kratzen bis hin zu Schlägen. Und auch wenn die Studie schon 2018 entstand, die Zahl und ebenso die Intensität der Vorfälle haben in den vergangenen Monaten und Jahren spürbar zugenommen.

Die Arbeit im Krankenhaus wird leider sehr oft durch körperliche Gewalterlebnisse begleitet. Jeder dritte Beschäftigte fühlt sich durch Übergriffe stark belastet. Da, wo sich eine Einrichtung besonders deutlich im Präventionsbereich engagiert, sinkt laut der Studie dieses Empfinden. Die Fälle von Übergriffen gegen das Krankenhauspersonal haben in Zeiten wachsender gesellschaftlicher Spaltung inzwischen sogar zugenommen. Man muss leider sagen: Verbale, körperliche und sexualisierte Gewalterlebnisse sind im Krankenhaus eine alltägliche Erfahrung geworden.

Gewaltprävention ist Chefsache

Umso wichtiger ist es, sämtliche Mitarbeitenden dafür zu sensibilisieren. „Gewaltprävention in Krankenhäusern“ ist kein Nischenthema. Es ist ohne Wenn und Aber „Chefsache“. Die Arbeitgeber und Führungskräfte müssen eine Unternehmenskultur etablieren, die keinerlei Form von Gewalt toleriert, und gewaltpräventive Schritte ergreifen. Damit können sich die Mitarbeitenden sicher am Arbeitsplatz fühlen. Denn klar ist: Sie haben ein Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit. In zahlreichen Krankenhäusern haben sich bereits feste Abläufe, Präventionsmaßnahmen, strukturierte Dokumentation von Gewaltvorfällen und eine strukturierte Nachsorge gegenüber den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern etabliert. Andere Häuser sind gerade dabei, diese zu implementieren.

Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) rief 2023 eine Arbeitsgruppe ins Leben mit Vertreterinnen und Vertretern aus NRW-Krankenhäusern (St. Rochus-Hospital Telgte, Evangelisches Klinikum Bethel, Evangelisches Krankenhaus Mülheim) sowie mit Vertreterinnen und Vertretern der Initiative „Sicher im Dienst“ der nordrhein-westfälischen Landesregierung und der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen. Allen Beteiligten gilt unser ausdrücklicher Dank für ihr wertvolles Engagement für ein gemeinsames Anliegen.

Aus der Zusammenarbeit entstand der Leitfaden „Gewalt und Gewaltprävention im Krankenhaus: Handlungsempfehlungen und Praxistipps für Geschäftsführung und Führungskräfte“. Er soll Hilfestellung bei der Schulung des gefährdeten Personals verschaffen. Er kann wie eine Checkliste Orientierung vermitteln, wo noch Handlungsbedarf besteht, ersetzt aber nicht die konkrete Projektarbeit im Krankenhaus. Zielgruppe dieses Leitfadens sind primär die Geschäftsführungen und der Führungsstab. Das Papier bildet zugleich eine gute Basis, um in komprimierter – plakativer – Form daraus weitere Unterlagen mit konkreten Praxistipps für die potenziell gefährdeten Mitarbeitenden in den Ambulanzen, auf den Stationen und in anderen Bereichen zu erarbeiten. Dazu zählen Beschäftigte im Betrieblichen Gesundheitsmanagement, im Arbeitsschutz und Personalverantwortliche. Dieser Leitfaden dient lediglich als Empfehlung, er hat keinen Verbindlichkeitscharakter und soll künftig regelmäßig auf Basis praktischer Erfahrungen weiterentwickelt werden.

Null Toleranz

Zentral ist die klare Botschaft nach außen: Gewalt hat im Krankenhaus keinen Platz und wird auf keinen Fall toleriert.

Der Leitfaden ist online abrufbar:

Externe Links mit weiterführenden Informationen

Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Fragebogen zu Selbsteinschätzung „Gewalt und Aggression“. Hamburg, 2022. Verfügbar unter: https://www.bgw-online.de/resource/blob/9176/5677acd711a56a0b6dc0bd506b8f032e/BGW_Selbsteinschaetzung_GewaltAggression_BF.pdf (Abruf 19.02.2024).

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV). Prävention von Gewalt und Aggression gegen Beschäftigte im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege: Eine Handlungshilfe für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen (DGUV Information 207-025). Berlin, 2018. Verfügbar unter: https://publikationen.dguv.de/regelwerk/dguv-informationen/3429/praevention-von-gewalt-und-aggression-im-gesundheitsdienst-und-wohlfahrtspflege-eine-handlungshilfe (Abruf 19.02.2024).

Sicher im Dienst. NRW-Initiative „Mehr Schutz und Sicherheit von Beschäftigten im öffentlichen Dienst“: Handlungssicherheit durch Gewaltschutztrainings. Verfügbar unter: https://url.nrw/Gewaltschutztrainings (Abruf: 02.05.2024). Münster, 2024.

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Stellungnahme der Vorstandsbeauftragten für Migration, Integration und Anti-Rassismus im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf zur Anhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landtags Nordrhein-Westfalen am 18.01.2022 zum Thema „Respekt für unser Gesundheitspersonal sicherstellen“ (Antrag der Fraktion SPD/Drucksache 18/970). Hamburg/Düsseldorf, 2023. Verfügbar unter: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST18-174.pdf (Abruf: 21.02.2024)