20. Dezember 2007
Krankenkassen auf Kosten von Krankenhäusern saniert
Düsseldorf, 20. Dezember 2007 - Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen hat die Klagen von rund 200 nordrhein-westfälischen Krankenhäusern gegen die mit der letzten Gesundheitsreform (GKV-WSG) eingeführte pauschale Kürzung der Krankenhausrechnungen um 0,5 Prozent zur Sanierung der gesetzlichen Krankenkassen bei den acht zuständigen Sozialgerichten in NRW eingereicht.
In einer zweiten Welle Anfang Februar 2008 werden die restlichen rund 150 vom Sanierungsbeitrag betroffenen Kliniken klagen. Die Krankenhäuser sind landesweit mit einem Gesamtbetrag von jährlich ca. 50 Millionen Euro betroffen, um den ihre Rechnungen gekürzt werden. Für den Dachverband der NRW-Krankenhäuser ist diese “Zwangsabgabe“ verfassungswidrig und politisch völlig ungerechtfertigt.
„Es kann nicht sein, dass die Krankenkassen durch den konjunkturellen Aufschwung und den rapiden Anstieg sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter längst entschuldet sind und die finanziell kranken Krankenhäuser weiterhin einen Sanierungsbeitrag für die finanziell gesunden Krankenkassen zahlen müssen“, erklärte KGNW-Präsident Karsten Gebhardt auf der KGNW-Pressekonferenz „NRW-Kliniken klagen landesweit gegen den Sanierungsbeitrag“ am 12. Dezember 2007 in Düsseldorf.
Laut Pressemitteilung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 3. Dezember 2007 erzielte die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in den Monaten Januar bis September 2007 einen Überschuss von rund 173 Mio. Euro. Ferner spreche alles dafür, dass die GKV das vierte Jahr nacheinander mit einem positiven Finanzergebnis abschließen und pünktlich zum Start des Gesundheitsfonds alle Kassen schuldenfrei sein würden.
KGNW-Präsident Gebhardt erklärte, die Finanzergebnisse der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für die ersten drei Quartale 2007 seien alarmierend: Nur 0,8 Prozent Erlöszuwachs bei den Krankenhäusern bei 4,7 Prozent Mehreinnahmen bei den Krankenkassen. Dies mache laut Gebhardt mehr als deutlich, dass die Krankenhäuser von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt würden. Da die Personalkosten mit 2/3 der größte Kostenblock im Krankenhaus seien, würden die Sparzwänge zu einer massiven Verdichtung der Arbeit für das Krankenhauspersonal führen und seien längst bei den Patienten am Krankenbett angekommen.
„Die jährlich rund vier Millionen Patienten in NRW müssen in immer kürzerer Zeit von immer weniger Personal in unseren Krankenhäusern versorgt werden. Die Annahme der Bundeskanzlerin, alle Beschäftigten könnten am Aufschwung teilhaben, kann für die Krankenhausmitarbeiter unter diesen Bedingungen nicht realisiert werden. Der Jobmotor Krankenhauswirtschaft wird massiv ausgebremst“, kritisierte KGNW-Präsident Gebhardt. Wie die aktuelle Studie “Krankenhaus Barometer 2007“ zeige, würden die Krankenhäuser im nächsten Jahr ohne politische Korrektur in eine Finanzierungskatastrophe laufen.
Die Ursachen liegen laut KGNW in dramatischen Kostensteigerungen, wie den Tariferhöhungen für Klinikärzte, der Mehrwertsteuererhöhung, den explodierenden Energiepreisen sowie Mehrkosten durch das neue Arbeitszeitgesetz. Zentrales Problem sei aber die gesetzliche Kappung der Vergütungsanstiege der Kliniken. Die mageren Steigerungsraten für die Krankenhausbudgets von 0,28 Prozent für 2007 und 0,64 Prozent für 2008 würden durch die Rechnungskürzungen um 0,5 Prozent im Rahmen der Sanierungsabgabe bereits aufgebraucht. Die Krankenhausgesellschaft NRW fordert deshalb für das Jahr 2008 eine sachgerechte Finanzierungsrate von mindestens 2,5 Prozent und die sofortige Abschaffung des Sanierungsbeitrags.
Rechtlich stützt sich die Klage der NRW-Krankenhäuser gegen den Sanierungsbeitrag auf ein Gutachten des renommierten Berliner Universitätsprofessors Helge Sodan, in dem erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken festgestellt werden. In dem Gutachten wird der Sanierungsbeitrag als verfassungswidrige Sonderabgabe bezeichnet, für die es an der Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers fehlt. Weiterhin verletze der Sanierungsbeitrag die in Artikel 12 Grundgesetz verankerte Berufsfreiheit der Krankenhausträger und verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Grundgesetzes.