27. September 2010
Alexianer Aachen GmbH stellt das neu gegründete Ethik-Komitee vor
Vor dem Plakat, mit dem das Ethik-Komitee in den Einrichtungen der Alexianer Aachen GmbH bekannt gemacht wird (v. l.): Bruder Benedikt M. Ende, Alice Brammertz, Dr. Wassili Hinüber; Britta Marquardt und Michael Braun.
Die Alexianer Aachen GmbH verfügt über ein neu gegründetes Ethik-Komitee, das jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Bei der Vorstellung am 27. September begrüßte Britta Marquardt, Geschäftsführerin der Alexianer Aachen GmbH, die Anwesenden, und betonte ihre große Freude, dass das Ethik-Komitee, ausgestattet mit einer seinen spezifischen Belangen und Bedürfnissen entsprechenden Geschäftsordnung, seine Arbeit aufgenommen hat.
Das Ethik-Komitee erfüllt mehrere Aufgaben: Patienten, Bewohner, Angehörige und Mitarbeiter aller Einrichtungen der Alexianer Aachen GmbH können sich bei ethisch-moralischen Fragestellungen an das Ethik-Komitee wenden. Darüber hinaus berät das Ethik-Komitee auch die Betriebsleitung bei ethischen Fragestellungen. Bei den Themen, die das Ethik-Komitee berät, kann es sich sowohl um fallbezogene ethische Fragen handeln als auch um grundsätzliche Fragen bis hin zu Entwicklung ethischer Leitlinien. Themen sind zum Beispiel die Sterbebegleitung, der Umgang mit Demenzkranken, Sexualität oder Fixierung. Das Ethik-Komitee bietet auch Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen für alle Berufsgruppen im Unternehmen an.
Bruder Benedikt M. Ende, Provinzial der St. Alexius-Provinz Deutschland der Alexianer-Brüdergemeinschaft, verdeutlichte die Tragweite: "Als katholischer Träger hat für uns die Auseinandersetzung mit ethischen Fragestellungen eine ganz besondere Bedeutung, denn wir stehen unter dem Anspruch Gottes und der Nächstenliebe. Christliche Werte und damit verbunden, ein möglichst richtiges Handeln im privaten und beruflichen Leben stellen ein hohes Gut dar. Ethisch richtiges Handeln setzt voraus, dass man über die Werte und über das Handeln stets nachdenkt und nachfragt. Der griechische Philosoph Sokrates (469-399 v. Chr.) zum Beispiel definierte die Philosophie mit ŽLiebe zur Weisheit’. Für ihn war es eine Grundhaltung durch gegenseitiges Fragen und Nachdenken zur richtigen Antwort, zur Weisheit zu kommen, die das menschliche Leben sowie die Schöpfung als ein harmonisches Ganzes erscheinen lässt.
Zwei berühmte Aussagen von Sokrates lauten: ŽErkenne dich selbst’ sowie ŽDer Mensch handelt schlecht, wenn er um das Gute nicht weiß’. Sich selbst immer mehr zu erkennen und darüber nachzudenken, woher ich komme und wohin ich gehe, darüber nachzudenken, was meine berufliche Arbeit und mein persönliches Leben ausmacht, sowie um das Gute zu wissen, um schließlich Gutes zu tun, scheint in unserer Zeitepoche besonders wichtig zu sein. Diesem Ziel wollen wir Alexianer im Dienst am Menschen näherkommen und aus dieser christlich-philosophischen Grundhaltung besonders den kranken und behinderten Menschen in unseren Einrichtungen begegnen und helfen."
Anschließend beschrieb Michael Braun, Pflegedirektor des Alexianer-Krankenhauses Aachen und seit Beginn an der Entwicklung des Ethik-Komitees beteiligt, den Weg zur Gründung des Komitees. Wie von Bruder Benedikt beschrieben, begleite die Auseinandersetzung mit ethischen Fragestellungen grundsätzlich die Arbeit gerade in einem christlichen Haus. Dies führte 2003/2004 zu der Entscheidung, ein Ethik-Komitee vorzubereiten. "Bei Behandlung, Pflege und Betreuung können Situationen auftreten, die schwierige ethische Fragestellungen aufwerfen. Und so entstand der Entschluss, eine Ethik-Kommission einzurichten, um die Etablierung eines Ethik-Komitees in unserem Hause vorzubereiten", berichtete Braun.
Begleitet wurde der Prozess und wird auch heute noch das Ethik-Komitee von dem Medizinethiker Dr. Arnd T. May, der bislang mehr als 15 Einrichtungen in Deutschland bei der Etablierung von Ethik-Komitees unterstützt hat. "Die Einrichtung eines Ethik-Komitees muss als planvoller Prozess verstanden werden", verdeutlichte May die Wichtigkeit einer gründlichen Vorbereitung. Leider konnte May kurzfristig krankheitsbedingt nicht selbst vor Ort sein; sein Statement wurde verlesen. "Die Ethikberatung ist eine Möglichkeit, die Sprachlosigkeit in konkreten moralischen Konflikten zu überwinden. Dazu müssen die Mitglieder des Ethik-Komitees geschult sein, gerade weil die vorgebrachten Äußerungen im Konfliktfall oft sehr emotional sind. Bei der Ethikberatung geht es aber darum, aus Gefühlen und Wahrnehmungen Argumente zu formulieren."
Nachdrücklich betonte May: "Professionelle Strukturen der Ethikberatung, wie sie hier in der Alexianer Aachen GmbH entwickelt worden sind, verbessern die Versorgungsqualität von kranken und pflegebedürftigen Menschen. Dieser Anspruch steht einem konfessionellen Träger gut zu Gesicht."
Die konkrete Arbeit des Ethik-Komitees erläuterten die Angehörigenvertreterin und Vorsitzende des Ethik-Komitees der Alexianer Aachen GmbH, Alice Brammertz, und Dr. Wassili Hinüber, stellvertretender Vorsitzender des Ethik-Komitees und seit vielen Jahren leitender Oberarzt des Alexianer-Krankenhauses. "Besonders ist die Besetzung des Komitees mit Internen und Externen", berichtete Alice Brammertz: "Das Thema Ethik wird nicht im kleinen Kreis behandelt, sondern sehr offen und umfangreich. Besonders ist zudem die Tatsache, dass das Ethik-Komitee für die gesamte Alexianer Aachen GmbH wirkt, nicht nur für das Alexianer-Krankenhaus. Auch der Alexianer-Wohnverbund Aachen mit seinen differenzierten Wohn- und Beschäftigungsangeboten für Menschen mit geistiger und psychischer Behinderung ist mit berücksichtigt." Und sie präzisierte: "Wenn ich sage, dass wir die Themen offen und umfangreich behandeln, meine ich damit das Klima, in dem im Ethik-Komitee gearbeitet wird. Selbstverständlich bleiben die Dinge, die Patienten, Bewohner, Angehörige und Mitarbeiter uns anvertrauen, in diesem Rahmen und werden nicht nach außen getragen." Alle Mitglieder des Ethik-Komitees sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Derzeit gehören dem Ethik-Komitee 18 Personen an, darunter Alexianerbrüder, Ärzte, Pflegepersonal, Sozialarbeiter, ein Richter, Angehörige und ehemalige Patienten. Alle Mitglieder sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Ethik-Komite unabhängig und nicht an Weisungen gebunden.
Die Mitglieder des Ethik-Komitees werden für die Dauer von drei Jahren berufen. Aus seiner Mitte wählt das Komitee einen Vorsitzenden sowie einen Stellvertreter. "Das Ethik-Komitee hat seit Anbeginn die Klienten der verschiedenen Angebote wie auch die Mitarbeitenden im Blick", sagte Alice Brammertz. "Ethische Fragestellungen werden nicht als Probleme erkannt, sondern als Herausforderung."
Dr. Hinüber verdeutlichte die medizinische Perspektive: "Aus ärztlicher Sicht fördert ein Ethikkomitee die Sensibilisierung für entsprechende Fragestellungen hinsichtlich Menschenwürde, Fürsorge, Vertrauen und Selbstbestimmung. Nicht selten kommt es zu Konflikten zwischen der Selbstbestimmung des Patienten und der Fürsorgepflicht der Behandelnden. Es stellt sich zum Beispiel die Frage, wie viel Unterstützung von Selbsthilfe kann gewährleistet werden, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Im ethischen Diskurs entscheiden die Behandler also nicht allein über die weitere Lebensplanung eines Patienten."
"Es ist höchst spannend, nicht immer einfach, aber immer lösungsorientiert, diese Themen in einer Gruppe zu erörtern, die so vielfältig besetzt ist", berichtete Alice Brammertz. Und ergänzte: "In der täglichen Routine im Umgang mit psychisch Kranken und auch im Umgang der Patienten und der Bewohner mit den Mitarbeitern vergisst man allzu leicht, sich ethischen Themen zu widmen. Kein Mensch ist mehr und kein Mensch ist weniger wert. Im Ethik-Komitee haben sowohl die Bewohner und Patienten als auch die Mitarbeiter die Gelegenheit, ethische Themen, die ihnen auf den Nägeln brennen, einzubringen. Das Ethik-Komitee erarbeitet diverse Aspekte und Lösungsmöglichkeiten. Hier sind die Sichtweise der Patienten, Bewohner und Angehörigen wie auch der Mitarbeiter von gleich großer Bedeutung."
Zur Alexianer Aachen GmbH gehören das Alexianer-Krankenhaus und der Alexianer-Wohnverbund in Aachen. Das Krankenhaus bietet 220 Plätze für stationäre und tagesklinische Angebote auf dem Gebiet der Allgemeinpsychiatrie, der Gerontopsychiatrie, der qualifizierten Suchtbehandlung, Psychotherapie und psychosomatischen Medizin. Insgesamt kommt ein weites Spektrum modernster Diagnoseverfahren, Therapien, Behandlungs- und Betreuungsansätze zum Einsatz. Der Wohnverbund bietet Menschen mit psychischen und geistigen Behinderungen Wohnmöglichkeiten und Beschäftigungsangebote. Er betreut täglich rund 500 Menschen mit Behinderung.