13. März 2025

Den Geist aus dem „Vorbildland NRW“ auf den Bund übertragen

KGNW-Frühjahrsempfang stand im Zeichen der laufenden Berliner Koalitionsverhandlungen

© KGNW/Caroline Seidel Alle Augen und Ohren richteten sich beim Frühjahrsempfang 2025 der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) nach Berlin. Die dort laufenden Verhandlungen über mögliche Koalitionen und ein Sondervermögen betreffen unmittelbar das Gesundheitswesen und die Zukunft der Krankenhäuser. Reichlich Gesprächsstoff für die rund 220 Gäste in der Turbinenhalle der Düsseldorfer Stadtwerke. Es ging um hohe und klare Erwartungen an Berlin, zu denen Gesundheitsstaatssekretär Matthias Heidmeier und die Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Professorin Henriette Neumeyer, Position bezogen.

Die anwesenden Vertreterinnen und Vertreter aus der Landespolitik, dem Landesgesundheitsministerium (MAGS), aus den Partnerverbänden in der Selbstverwaltung, den Kommunen und natürlich aus den Krankenhäusern selbst erlebten einen spannenden Abend.

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KGNW-Frühjahrsempfang 2025
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KGNW-Vizepräsident Sascha Klein
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NRW-Gesundheitsstaatssekretär Matthias Heidmeier
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Sascha Klein und Matthias Heidmeier
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Prof. Dr. med. Henriette Neumeyer, stellvertretende DKG-Vorstandsvorsitzende
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Rund 220 Gäste in der Turbinenhalle der Düsseldorfer Stadtwerke
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KGNW-Frühjahrsempfang 2025
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KGNW-Frühjahrsempfang 2025
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KGNW-Frühjahrsempfang 2025
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KGNW-Frühjahrsempfang 2025
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KGNW-Frühjahrsempfang 2025
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KGNW-Frühjahrsempfang 2025
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KGNW-Frühjahrsempfang 2025
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Dr. Matthias Ernst, KGNW-Vizepräsident (links)
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KGNW-Frühjahrsempfang 2025
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Matthias Blum, KGNW-Geschäftsführer (Mitte), mit Matthias Heidmeier (rechts)
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KGNW-Frühjahrsempfang 2025
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KGNW-Frühjahrsempfang 2025
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KGNW-Frühjahrsempfang 2025
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KGNW-Frühjahrsempfang 2025

KGNW-Vizepräsident Sascha Klein legte gleich zu Beginn den Finger in die Wunde: Defizitkrise, Bürokratie und vor allem mangelnde Einsicht der Bundesregierung seien für die Kliniken im Zuge der Krankenhausreform des Bundes sehr belastend gewesen. Dem trat die KGNW im Bundestagswahlkampf mit dem Slogan „Immer da, wenn es ernst wird“ deutlich entgegen. „Wir sind zentrale Daseinsvorsorge für Alltag und Krisenzeiten – und ganz bestimmt kein Randthema“, betonte Sascha Klein. Immerhin sei es ein positives Signal, dass im geplanten Sondervermögen für Infrastruktur auch Investitionen für Krankenhäuser enthalten seien – „ein wichtiger Schritt“. Doch forderte er neben einer Überbrückungshilfe ausdrücklich eine Antwort der designierten Koalitionäre auf die nunmehr dreijährige Defizitkrise der Kliniken: „Krisenresilienz braucht uns Krankenhäuser.“ Konkret forderte der KGNW-Vizepräsident die auch von den Ländern gestützte Anhebung des Landesbasisfallwerts um 4 Prozentpunkte als Inflationsausgleich. Und was er jenseits der inhaltlichen Ebene einforderte: einen Dialog auf Augenhöhe.

Matthias Heidmeier, Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS), vertrat Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, der bereits in Berlin an den laufenden Koalitionsgesprächen beteiligt ist. Und der Staatssekretär hatte gleich zwei gute Nachrichten im Gepäck: „Minister Laumann führt die Verhandlungen in Berlin an führender Stelle. Das bildet eine sehr verlässliche Grundlage. Und er ist gut gelaunt und bei Gesundheit und Pflege sehr gut vorbereitet.“

Seinen Auftritt nutzte er für einen Appell: „Das ist die letzte Chance für die politische Mitte, jetzt zu einem gemeinsamen Handeln für Deutschland zu finden.“ Für den Weg hin zu einem konstruktiven Miteinander sei Karl-Josef Laumann genau der richtige Mann. Dann umriss Staatssekretär Heidmeier im Namen des Ministers, was im Gesundheitswesen aus ihrer Sicht wichtig sei: die Priorisierung des Menschen gegenüber den Strukturen, zum Beispiel beim Rettungsdienst, der ambulanten Versorgung und der Patientensteuerung. Insbesondere könne Nordrhein-Westfalen aus den Erfahrungen der jahrelangen Krankenhausplanung lernen: „Wir möchten den Rückenwind aus unserer erfolgreichen Reform bei den Krankenhäusern nutzen und müssen überlegen, was wir für den ambulanten Bereich daraus lernen.“ Und er hoffe, den gemeinsam entwickelten Geist auf den Bund übertragen zu können.

Rückblickend auf den langen Prozess der nun abgeschlossenen Krankenhausplanung stellte er sieben Aspekte heraus:

  1. „Wir wollten Wissen steuern, wie die Versorgung in Zukunft organisiert ist. (…)
  2. Nur mit Unterstützung der Akteure selbst können wir erfolgreich sein. (…)
  3. Wir haben uns entschieden, Akzeptanz dafür in der Bevölkerung zu schaffen, das nicht heimlich durchzuführen. (…)
  4. Für 90 Prozent der Bevölkerung sollte die Grundversorgung in maximal 20 Minuten erreichbar sein. (…)
  5. Die Umsetzung muss finanziell unterfüttert sein. Wir haben 2,5 Milliarden aus dem Haushalt dafür zur Verfügung gestellt. (…)
  6. Unsere Entscheidungskriterien müssen objektiv und fachlich sein, um eine hohe Rechtssicherheit zu erlangen. (…)
  7. Die Kommunikation muss vertrauensvoll und verbindlich ablaufen.“

Das sei in NRW gelungen. Darüber hinaus hob er die zahlreichen Kooperationen, zum Teil Fusionen, hervor, die die Krankenhausplanung befördert habe, und die Einbindung der Universitätskliniken, um alle Akteure im Gesundheitswesen noch besser zu vernetzen.

NRW setzt sich für Inflationsausgleich ein

Im Dialog mit dem KGNW-Vizepräsidenten betonte Staatssekretär Heidmeier, dass sich NRW nach wie vor für den Inflationsausgleich einsetzen werde. „Aber zusagen kann ich den Ausgleich nicht, das wäre angesichts der schwierigen Finanzlage unseriös.“ Auch die baldige Umsetzung des noch dringend nachzubessernden Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) – seit 1. Januar 2025 in Kraft – für NRW stellte der Staatssekretär in Aussicht: „Das Thema steht in Berlin auf dem Prüfstand. Aber es muss zu substantiellen Verbesserungen kommen. Wir laden die Krankenhäuser im April/Mai ein, um die Umsetzung weiter zu besprechen.“

Scharfe Attacke: Vollkommen sinnfreie Bürokratie ist Motivationskiller Nummer eins

© KGNW/Caroline Seidel Prof. Dr. med. Henriette Neumeyer

Prof. Dr. med. Henriette Neumeyer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der DKG, arbeitet in Berlin unweit des Regierungsviertels. Sie war zweite Hauptrednerin beim KGNW-Frühjahrsempfang: „Ich freue mich, in einem Vorbildland zu Gast zu sein, in dem Vertrauen statt einer Misstrauenskultur herrscht.“ In NRW sei es gelungen, die Frage einer bedarfsgerechten Versorgung zum Maßstab der Krankenhausplanung zu machen. Die konstruktive Krankenhausplanung in NRW habe auch maßgeblich dazu beigetragen, dass Bundesminister Karl Lauterbach bei seinen Plänen umsteuern musste.

Dann rechnete sie mit der Krankenhausreform auf Bundesebene ab: Die Arbeit im Krankenhaus wirke auf viele Menschen noch attraktiv, das zeigten die hohen Ausbildungszahlen. Und doch nehme der Anteil der frustrierten Mitarbeitenden spürbar zu. Hauptgrund seien „vollkommen sinnfreie Dokumentationspflichten“. Auch eine Politik, die keinen Dialog auf Augenhöhe ermögliche, trage dazu bei.

Hinzu komme nun „die schwierige Gesetzgebung des KHVVG“ Die damit eingeführten Leistungsgruppen seien ein Planungsinstrument, aber taugten nicht für die Systematik einer Vorhaltekostenfinanzierung. Prof. Neumeyer betonte: „In einer historischen Defizitkrise ist es geradezu unverantwortlich, keine Auswirkungsanalyse zu machen.“ Das führe in einen „chaotischen Prozess“. Dass man es besser machen kann, sehe man in Nordrhein-Westfalen.

Vielmehr forderte sie die Aussetzung der Vorhaltefinanzierung, stattdessen müsse ein neues Konzept für eine grundständige Finanzierung entwickelt werden. Notwendig seien zudem Gestaltungsspielräume vor allem für die Länder. Zwingend aber sei der Abbau „unnötiger Bürokratie“, wie sie aktuell in einer ultimativ geforderten minutiösen Aufstellung über die für die jeweiligen Leistungsgruppen Arbeitszeiten von Fachärztinnen und ärzten zu dokumentieren sei. Prof. Neumeyers Appell an die Beteiligten der Koalitionsverhandlungen war eindeutig:

„Wir brauchen keine Politik, die wir besser verkaufen, sondern besser gemachte Politik!“

Ihr Blick nach vorn: „Kooperationen sind die Essenz der Zukunft, Digitalisierung ist ein Motor dazu.“