14. Juni 2024

„Transparenz ist unser Alltag“

18. Krankenhaus-Qualitätstag NRW

© KGNW Duisburg, 11.06.2024 – Sie tragen keine Kasacks oder Kittel, behandeln keine Patientinnen und Patienten, und im Krankenhaus sind sie für Außenstehende eher unsichtbar. Und doch steht die Arbeit der Qualitätsmanagerinnen und -manager plötzlich im Mittelpunkt, seit die aktuelle politische Debatte über die Krankenhäuser zwei Schlagworte immer wieder bemüht: Transparenz und Qualität. Insbesondere der Bundes-Klinik-Atlas, so hatte es der Bundesgesundheitsminister vollmundig immer wieder propagiert, sollte hier ein Meilenstein werden, eine neue Ebene der Transparenz für Patientinnen und Patienten schaffen. Das Gegenteil ist passiert: Auch in der vierten Woche nach dem Start reißt die fundamentale Kritik an dem mit Fehlern gespickten Bundes-Klinik-Atlas nicht ab. Eine politisch aufgeladene Stimmung also, in der der 18. Krankenhaus-Qualitätstag NRW am 11. Juni in Duisburg stattfand. Veranstaltet wird der Fachtag von der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung (GQMG) (Bild).

Er hat mit seinem Versprechen größter Transparenz hohe Erwartungen geweckt – und enttäuscht. Wir können hier deshalb selbstbewusst festhalten: Transparenz ist unser Alltag, weil Qualitätssicherung unsere Aufgabe ist“, begrüßte Dr. Guido Lerzynski (Bild), Vorsitzender der KGNW-Kommission Qualitätsmanagement, die mehr als 120 Teilnehmenden im Haus der Unternehmer. Der Bundesgesundheitsminister sei mit seinem Klinik-Atlas an einfachsten Qualitätsansprüchen gescheitert, dabei sei „ein solches Informationsportal keine Raketenwissenschaft“, wie etwa das Deutsche Krankenhausverzeichnis beweise. Dr. Lerzynski stellte klar: „Die Krankenhäuser scheuen keine Transparenz. Im Gegenteil: Wir schaffen sie jeden Tag.“ Und er fand sogar einen positiven Aspekt: „Für unsere Arbeit, meine Damen und Herren, bietet dieser Bundes-Klinik-Atlas deshalb einen perfekten Anlass, unsere tägliche Arbeit für die bestmögliche Qualität in unseren Krankenhäusern ins Rampenlicht zu schieben. Lassen Sie uns selbstbewusst und professionell wie immer daran arbeiten, dass Patientinnen und Patienten die bestmögliche Versorgung finden.“

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Werkzeugkasten für Patientenpfade

Darum ging es zum Auftakt des Krankenhaus-Qualitätstages auch gleich ganz praxisbezogen mit der Frage, wie patientenzentrierte Abläufe entwickelt und eingesetzt werden können. Dr. Peggy Richter von der Technischen Universität Dresden (Bild) berichtete über die Ergebnisse eines Forschungsprojektes, das eine Art Werkzeugkasten für die Erstellung von Patentenpfaden entwickelt hat.

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„Die stärkere Patientenorientierung und die stärkere Netzwerkorientierung sind Kernelemente“, betonte Dr. Richter. Der Patientenpfad sei entlang von komplexen onkologischen Erkrankungen entwickelt worden und beinhalte standardisierte Versorgungsprozesse, setze interdisziplinäre Kooperation voraus und helfe, die Qualität zu verbessern, weil Fehler reduziert werden. An der TU Dresden seien solche Prozessmodelle entwickelt worden. Einen Pfad zu entwickeln, „ist absolut kein Selbstläuferprojekt“, sondern lange iterative Projektarbeit. Auch dabei immer im Blick: die Wünsche der Patientinnen und Patienten, die sich eine digitale Plattform wünschten, die ihren Patientenpfad abbildet.

Über die konkrete Umsetzung einer solchen Oberfläche berichtete Dr. Nicole Balke-Karrenbauer (Bild). Als Referentin Intersektorale Versorgung St. Franziskus-Stiftung Münster berichtete sie über das Innovationsfonds-Projekt eliPfad, bei dem für multimorbide Patientinnen und Patienten im Alter über 55 Jahre ein patientenzentrierter Prozess die Versorgung im stationären wie im niedergelassenen Bereich abbildet. Ein Kernelement sind Fallmanagerinnen und -manager, die jede Patientin und jeden Patienten durch alle Schritte der Behandlung begleiten – zunächst beim stationären Aufenthalt und nach der Entlassung aus dem Krankenhaus auch zuhause. Ein Tablet, auf dem der Behandlungsplan, ein Gesundheitstagebuch mit allen wichtigen Parametern und Hilfestellungen wie etwa Videos mit Übungen abrufbar sind, begleitet die Patientinnen und Patienten, es ist zudem mit digitalen Messgeräten verknüpft. Eine elektronische Fallakte enthält alle Daten.

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„Das ist die Kommunikationsplattform, die im ambulanten und stationären Bereich genutzt werden kann“, erläuterte Dr. Balke-Karrenbauer. Ein Dashboard zeigt zudem die Vitalparameter der teilnehmenden Patientinnen und Patienten mit einem Ampelsystem: Springt ein Wert auf Rot, rufen die Fallmanagerinnen und -manager die betreffende Person an. Nach sechs Wochen endet diese Betreuung. Dr. Balke-Karrenbauers Traum ist, dass Elemente aus dem Projekt in die Regelversorgung übergehen könnten – insbesondere die Finanzierung des Fallmanagements.
Die jährlichen und öffentlichen Qualitätsberichte der Krankenhäuser für den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gehören zum Kerngeschäft der Qualitätsmanagerinnen und -manager. Einen Überblick zu den Anforderungen des anstehenden Qualitätsberichts 2023 gab Katrin Stapenhorst, Abteilungsleiterin Qualitätsmanagement bei den Christophorus-Kliniken in Coesfeld (Bild).

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Missverständliche Daten im Bundes-Klinik-Atlas

Die Daten der Qualitätsberichte werden beispielsweise auch vom Deutschen Krankenhausverzeichnis ausgewertet. Leider greife der Bundes-Klinik-Atlas nur in Teilen darauf zurück, sagte Stapenhorst. Doch auch die genutzten Daten würden nicht eins zu eins umgesetzt. Das führe zu missverständlichen Angaben, beispielsweise wenn es um wichtige Informationen zur Barrierefreiheit gehe. Deshalb sollten die Angaben aus den Qualitätsberichten einheitlich übernommen werden, um Irritationen zu vermeiden. Dass der Bundes-Klinik-Atlas nur unvollständige Angaben enthält, bestätigten auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Sie kritisierten überdies umständliche und zu komplexen Abfragen, die Nutzerinnen und Nutzer schnell überforderten.

Im zweiten Teil des Krankenhaus-Qualitätstages widmeten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in drei Workshops und einer Session den praktischen, rechtlichen und technischen Fragen des Qualitätsmanagements und der datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung.